Civil Society Diplomacy?
W. T. Stead, World Peace, and Transgressive Journalism
Abstract
Anhand des britischen Journalisten William T. Stead analysiert der Artikel grenzübergreifende Strategien der Einflussnahme auf diplomatische Praktiken vor dem Ersten Weltkrieg. Stead ist heute vor allem wegen seiner Enthüllungen sozialer und politischer Skandale im viktorianischen England bekannt. Er selbst stellte aber seit den 890er Jahren zunehmend die Lobbyarbeit für Friedensthemen und Internationalismus ins Zentrum seiner Aktivitäten. Mit lautstarken öffentlichen Aktionen versuchte der überzeugte Imperialist und Pazifist, weltweite Aufmerksamkeit auf das Problem der Friedenssicherung und Völkerverständigung zu lenken. Der Artikel schlägt vor, Steads Friedensaktivitäten im Rahmen seiner „transgressiven” Arbeitsweise zu interpretieren. Auf diese Weise wird der Blick auf Steads kontinuierliche und öffentliche Übertretung sozialer Normen gerichtet. Seine verschiedenartigen Grenzüberschreitungen werden als Strategie interpretiert, um möglichst große internationale Aufmerksamkeit auf transnationale Einflusssphären zu lenken und die staatenzentrierten, öffentlichkeitsfernen Verfahrensweisen der internationalen Beziehungen zu delegitimieren. Der Artikel rückt insbesondere Steads publizistische Aktivitäten anlässlich der beiden Haager Friedenskonferenzen 899 und 907 in den Mittelpunkt. Die Analyse der inoffiziellen Konferenzzeitung Courrier de la Conférence de la Paix wirft hierbei ein Schlaglicht nicht nur auf Versuche zivilgesellschaftlicher Einflussnahmen auf internationale Verhandlungen, sondern auch auf die Transformation einer Diplomatie, die zunehmend unter dem Druck technischer Neuerungen und öffentlicher Interessen stand.